Weiterhin frei zitierbar. Also fast.

Viel braucht man zum Leitungsschutzrecht (LSR) der schwarz-gelben Koalition nicht sagen, außer vielleicht das es hirnrissige Scheiße ist. »iRights.info« hat dazu eine eine ausführliche Analyse veröffentlicht. Interessanter sind dagegen die Aussagen von »Spiegel Online« und Frank Schirrmacher für die »FAZ«, dass man beide Medien trotz LSR »natürlich« weiterhin zitieren und verlinken dürfe.

Dazu mal eine Frage: Seid wann dürfen den (Chef-) Redakteure, also Angestellte, rechtsverbindliche Aussagen für eine Firma bzw. ihren Verlag abgeben? Und selbst wenn es ihre Chefs tuen würden, wer sagt mir das diese »Versprechen« verbindlich sind? Und gelten die Erklärungen nur für »Hobby-Blogger« oder auch für das ach so pöse Google, welches zu einem 40% der Besucher bringt und die Verlage sogar extra ihre Angebote für »optimieren«?

Ich finde es ja wirklich putzig das man weiterhin sein im Urheberrecht verankertes Zitierrecht nutzen darf, nur wie der Heise-Jurist Joerg Heidrich schon schreibt: Das was wir auf Twitter, Facebook oder sonst wo tausendfach machen, dass ist in Wahrheit kein Zitat im Sinne des § 51 UrhG, sondern eigentlich eine Urheberrechtsverletzung (jedoch sind Snippets bisher, das ändert sich mit dem Leistungsschutzrecht, erlaubt nicht problematisch).

Ich unterstelle Frank Schirrmacher oder den Leuten von Spiegel Online keine schlechte Intention mit ihren Aussagen, vermutlich meinen es sie nur gut. Das Problem ist leider nur, dass sie damit eine falsche Sicherheit erzeugen und damit ungewollt der Verlegerlobby zuspielen. Das Risiko von Abmahnungen oder die Einschränkung der Meinungsfreiheit bleiben trotzdem. Und deshalb darf das Leistungsschutzrecht einfach nicht kommen.

Parteikonvent

Heute tagt im Willy-Brandt-Haus in Berlin der SPD-Parteikonvent. Dieser im Rahmen der Parteireform geschaffene »kleine Parteitag« (immerhin mit 200 ordentlichen Delegierten) hat den bisherigen Parteirat abgelöst. Das Organisationsstatut (die Satzung der SPD) sieht vor, dass die Versammlung nicht-öffentlich tagen kann, wenn es die Selbige zu Beginn auf Antrag beschließt. So weit so zum Formalen.

Das Willy-Brandt-Haus/»die Parteiführung« hat sich jedoch gesagt: Nö, der Parteikonvent tagt nicht-öffentlich. Wieso? Weil wir das sagen. Nicht das direkt schon vor der allerersten Sitzung der Parteikonvent damit schon mal völlig in Frage gestellt wird, nein, man hat auch dafür gesorgt, dass ein möglicher Beschluss des Parteikonvents trotzdem öffentlich zu tagen, ins Leere läuft. Im Saal ist für mögliche Gäste einfach aus »sicherheitstechnischen Gründen« kein Platz und ein Livestream ist sowieso nicht eingeplant.

Man möchte nur kotzen.

Was ich bei „Christian Wulff: Rücktritt jetzt!“ gelernt habe

Auch wenn der Rücktritt von Christian Wulff schon einige Tage zurückliegt möchte ich über die Erfahrungen aus meiner Facebook-Kampagne „Christian Wulff: Rücktritt jetzt!“ und die Schlüsse, die ich auch daraus gezogen habe, berichten.

Entwicklung der Like-Zahlen vom 16.12.2011 - 13.03.2012 (Quelle: Facebook)
Entwicklung der Like-Zahlen vom 16.12.2011 – 13.03.2012 (Quelle: Facebook)

Die Fanpage selbst ging am 16. Dezember 2011 online, also einige Tage nach dem die erste Vorwürfe (Wulff hätte seinen Kredit vor dem Landtag in Niedersachsen verschwiegen) laut wurden. Von den reinen Like-Zahlen und der Benutzerinteraktion betrachtet lief die Seite bis Weihnachten und auch über Neujahr ganz ruhig. Eigentlich hatte ich schon das Ding abgeschrieben und dementsprechend auch „inhaltlich“ nicht mehr viel getan.

Am 2. Januar explodierte die Seite förmlich (an einem Tag von 850 auf etwas über 3100 Likes). Nach dem bekannt wurde das Christian Wulff dem Bild-Chefredakteur auf die Mailbox eine eher unfreundliche Nachricht gesprochen hatte wurde auch die Empörung in den Medien und auch „in der Bevölkerung“ (subjektive Empfindung) größer. Die Fanpage zog damit wie ein Magnet die Leute an.

Was eigentlich nicht überraschend sein sollte, aber für mich aber in der Menge am Ende, gerade bei so einem populistischen Themen, wie den Rücktritt einer öffentlichen Person, war der braune, rechte Mob, wo Einzelne immer wieder zu Gewalt aufgerufen haben. Auch die NPD nutze die Seite um ihren Müll abzuladen. Ohne einen ständigen Blick auf die Seite, Vorabkontrollen von Kommentaren und Beiträgen sind bei Facebook nicht möglich, wäre die Seite kein schöner Anblick gewesen. So musste ich die Notbremse ziehen und die Möglichkeit für Benutzerbeiträge abschalten, leider konnte ich nicht ständig die Seite überwachen und sauber halten. Meine Entscheidung habe ich auch transparent dokumentiert, was gerade im „rechten Lager“ nicht auf Gegenliebe stoß.

Auch ist mir aufgefallen, dass an Inhalten am Besten (also an Likes und Shares) vor allem Bilder (gerade „Diese Person…“-Pfeifbilder) und Karikaturen gezogen haben. Die Seite selber hat natürlich nix bewegt, Christian Wulff dürfte nichts mitbekommen haben, auch in der Presse (außer in den Online-Medien) selber gab es keine Erwähnungen (das war bei „C wie…“ anders). Sonstigen „Ärger“ gab es auch nicht.

Was habe ich aus dieser Aktion gelernt? Facebook ist eine Plattform, gerade wenn es sich um populistische Themen handelt (siehe auch die unzähligen Aufrufe zum Tank-Boykott), über die man schnell Leute mobilisieren kann, auch die „falschen“ Leute (Nazis und sonstige Spinner z.B.). Ich würde so etwas auch wieder machen, nur würde ich diesmal von Anfang Benutzerbeiträge immer moderieren (was dank der neuen Facebook-Timeline/Chronik möglich ist) und vor allem auf visuelle Elemente setzen (also z.B. ein Zitat nicht als Status sondern als Bild posten), die erreichen auf Facebook die größte Verbreitung.

Am Ende bleibt zu sagen, dass es viele Erfahrungen gelernt habe und mein Respekt vor Social-Media-Teams von Firmen, die Shitstorms erleben oder allgemein eher unbeliebt sind, gestiegen ist. Wer sich dafür interessiert, dem kann ich die Statistiken, die Facebook liefert, als Excel-Datei zuschicken.