Wir stecken gerade in einer handfesten Krise unseres demokratischen Rechtsstaates. Wir erleben wie unsere Verbündeten unsere digitale Kommunikation systematisch überwachen und auswerten. Wir erleben, dass unsere Geheimdienste dabei kräftig mit partizipiert haben. Und wir erleben wie unsere Bundesregierung da sitzt, wissend oder unwissend mit den Schultern zuckt und nichts tut.
Wir sind im Wahlkampf. Dementsprechend fallen auch die Reaktionen aus der Opposition aus, vor allem aus der SPD. Ob vom „schwerst möglichen Versagen“ oder Bruch des Amtseids gesprochen wird, die Worte, die fallen, wiegen schwer. Und sie werden aus einer Position gesprochen, die mir Bauchschmerzen bereitet. Denn beim Ausmaß dieses Skandals müssen wir davon ausgehen, dass die SPD ihre Hände in dieser Suppe mitgebadet hat.
Es geht auch nicht darum, ob Genossinnen und Genossen am Schalter saßen, die Aufträge unterschrieben oder von den Ergebnissen profitiert haben. Wir als SPD haben das Klima geschaffen, in der Freiheitswerte einer brustalst möglichen »Sicherheit« unterworfen wurden. Nicht Hans-Peter Friedrich hat das »Supergrundrecht Sicherheit« entworfen, es war der ehemalige SPD-Innenminister Otto Schily, der 2003 davon sprach. Und dessen Geist lebt in der SPD weiter, ob nun in Form der Vorratsdatenspeicherung, Bestandsdatenauskunft oder anderer Sicherheitsgesetze. Ein Misstrauen des Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürger. So ist einer der sozialdemokratischen Grundwerte, die Freiheit, uns abhanden gekommen. Im Zweifel für die Sicherheit.
Wenn heute Thomas Oppermann, der, wenn im Herbst die Wählerinnen und Wähler einen rot-grünen Wechsel ermöglichen, neuer Innenminister werden könnte, große Töne spuckt, Aufklärung von der Bundesregierung verlangt und dabei unsere eigene Verantwortung klein redet, wenn der ehemalige Geheimdienstkoordinator Frank-Walter Steinmeier schweigt, wie die aktuelle Person in diesem Amt, wenn die SPD an der Vorratsdatenspeicherung festhält und versucht ihre bisherige Position hübsch neu zu verpacken ohne zu sie zu überdenken, wie es die CDU mit dem Begriff der Mindestspeicherfirst tut, dann sind diese Worte, die fallen, nichts wert, wenn sie nicht sogar verlogen und heuchlerisch sind.
Wir als SPD tragen Mitverantwortung für das, wie es Heribert Prantl in der Süddeutschen beschrieb, Wegziehens des Boden auf dem unser Grundgesetz ruht. Dieses Fundament von Freiheits- und Grundwerte, auf das wir so stolz sind. Die richtige Antwort wäre jetzt zu erkennen welche Fehler wir gemacht haben und Mief von »Sicherheit über alles« über Bord zu werfen. Sich zu entschuldigen. Das wäre sozialdemokratische Haltung. Nichts anders.
P.S.: Wir kämpfen weiter und hoffen, auch im Zweifel gegen die Parteiführung, einen Beschluss gegen die Vorratsdatenspeicherung herbei zu führen. Und eins sei jetzt schon gesagt: Wir erwarten von einer rot-grünen Bundesregierung, dass Beschlüsse Bestand haben, sonst weht nicht nur von der Oppositionsbank der Wind hart.