GPL-Debatte: Der Klügere gibt nach?

Runde 3 der sommerlichen GPL-Debatte und das vorzeitige Ende dieser, denn Chris Pearson, Entwickler des Premium-Themes Thesis, hat dieses nun unter die GPL gestellt. Wobei Matt Mullenweg, der mit seiner Macht als WordPress-Chef gegen Pearson persönlich und sein Produkt gewettert hatte, dies nicht als Sieg verbuchen kann, denn GPL lizenziert sind nur die PHP-Dateien — Bilder, JavaScript & CSS-Stylesheets sind weiter proprietär. Ein kluger Schachzug Pearsons?

Per Twitter kündigte Chris Pearson teilweise Kapitulation an. Thesis sei nun unter einer „Spilt-Lizenz“ lizenziert: Die GPL gilt für die PHP-Dateien, diese dürfen nun frei verteilt werden. Der Rest, CSS, JavaScript & Bilder, verbleiben unter der bisherigen proprietären Lizenz. Das heißt man darf sie nur nutzen wenn man eine Lizenz gekauft hat und die Weitergabe ist auch weiterhin ausgeschlossen.

Überraschend, denn im gemeinsamen Interview mit Mullenweg vor einigen Tagen gab er sich noch hart. Als vermeintlicher GPL-Verächter sei für ihn diese Lizenz das Aus, denn sein Theme könnte ja kostenlos oder sogar billiger als er es verkauft von Dritten verteilt werden. Ob er seine Position geändert hat ist nicht bekannt.

Jedoch stand Pearson auf verlorenem Boden. Mal abgesehen von der Analyse der Juristen der „Free Software Foundation“, die sagte, dass bei WordPress-Themes GPL-Pflicht vorliegt, war allein die Tatsache, dass Thesis unrechtmäßig WordPress-Code nutzte das K.O. für ihn. Er lief einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit Matt Mullenweg (bzw. der WordPress Foundation) Gefahr.

Einziger Ausweg war daher nur eine GPL-Lizenzierung von Thesis. Der nun gewählte Weg einer geteilten Lizenzierung mag klug gewählt sein, denn ohne CSS, JavaScript oder Bilder ist das Theme nutzlos und macht eine kostenfreie oder -pflichtige Weiterverteilung unattraktiv, aber verbittert Mullenweg seinen Sieg und könnte Stoff für neue Kämpfe sorgen.

Daher erscheint es fraglich ob der Kleinkrieg zwischen beiden nun weiter läuft oder das Kriegsbeil begraben wird, aber per Twitter lies Matt Mullenweg schon mal verkünden er sehe Thesis nun als legal an, aber auf das Theme zu wechseln, wie im Telefon-Interview versprochen, will er dennoch nicht, denn immerhin sei das kein ganzer GPL-Wechsel. Somit vorerst das Ende dieser Debatte.

„Nach Hause Telefonieren“: Argumente für einen Datenausweis

Auf dem heutigen Markt gibt es noch kaum Mobiltelefone die nicht „nach Hause telefonieren“, also Daten im Hintergrund an den Hersteller übertragen. Jüngstes Beispiel ist das Apple iPhone, dass GPS-Positionsdaten und WLAN-Stationen in der Umgebung in die Firmenzentrale funkte. Daher wäre es an der Zeit über einen „Datenausweis“ zu reden, der den Verbraucher über Datenübertragungen im Hintergrund informiert.

Ähnlich dem Energieausweis für Gebäude und dem Energie-Label für Haushaltsgeräte, soll der Datenausweis dem Verbraucher klar machen welche Daten im Hintergrund an den Hersteller übertragen werden — verpflichtet für jedes Gerät mit Internetanschluss. Das wäre nicht nur auf Blick von Smartsphones wichtig, sondern wird notwendig wenn wir an das „Internet der Dinge“ (Internet of Things) denken. Wer will schon dass sein neuer Kühlschrank den kompletten Inhalt zu Werbezwecken personalisiert übermittelt?

Stichwort Dateneffizienz

Dieser „Datenausweis“ muss dem Verbraucher klar und verständlich (Symbole wären eine Möglichkeit) zeigen welche Daten im Hintergrund übermittelt werden. Außerdem muss er Auskunft über weitere folgende Dinge geben:

  • Zu welchem Zweck werden die Daten gesendet?
  • Werden diese an Dritte weitergegeben?
  • Wie lange bleiben die Daten gespeichert?
  • Wie anonym werden diese übertragen?
  • Gibt es ein Opt-In, Opt-Out oder ist eine Abschaltung nicht möglich?
  • Findet eine Zusammenführung von Daten statt (z.B. um Profile zu generieren)?

Damit Produkte die weniger Daten produzieren und übermitteln gefördert werden, sollten diese ähnlich den Produkten die weniger Energie verbrauchen Wettbewerbsvorteile bekommen. Daher sollte der Datenausweis auch eine farbige Einstufung erhalten. Ein A, die höchstmögliche und somit beste Kategorie, erhalten Geräte die keine Daten im Hintergrund übermitteln.

Verbrauchen können so selber entscheiden was sie in Kauf nehmen und ob es nicht vielleicht ähnliche Produkte gibt, die weniger oder sogar keine Daten im Hintergrund übermitteln. Damit Hersteller nicht schummeln muss auch über Stärkung der jeweiligen Behörden und über saftige Strafen geredet werden. Im Optimalfall sollte so ein Datenausweis in der ganzen EU gelten (ähnlich dem Energielabel).

Der Datenausweis verhindert so verstecktes „nach Hause telefonieren“ und sensibilisiert den Verbraucher über seine Möglichkeiten im Datenschutz.

GPL-Debatte: Sieg durch technischen K.O.

Im ersten Artikel zur GPL-Debatte innerhalb der WordPress-Community hatte ich offen mit einem Gegenschlag von Theme-Entwickler Chris Pearson gerechnet. Doch bei ihm herrscht Totenstille. In der zwischen Zeit haben die meisten Automattic-Mitarbeiter die Propaganda von Matt Mullenweg fertig verbloggt, aber der Eintrag von Chefentwickler Mark Jaquith hat es ihn sich. Der Ringrichter hat so eben technisches K.O. erklärt…

Kurzer Rückblick: Dank einer Sicherheitslücke im Server wurde beim Download des kostenpflichtigen WordPress-Themes „Thesis“ Schadcode mitgeliefert. WordPress-Chef Matt Mullenweg nutzte die Gelegenheit um den Feldzug gegen das Theme und seinen Entwickler, Chris Pearson, wiederzubeleben, denn Thesis wird entgegen Mullenwegs Vorstellung nicht unter der GPL, so wie WordPress, lizenziert. Das war schon Knackpunkt verschiedener Auseinandersetzungen bisher.

Zwar hatten sich beide Parteien, Mullenweg und Pearson, im gemeinsamen Telefon-Interview nicht mit Ruhm bekleckert, aber Mullenweg hat einen Ass im Ärmel: Eine Armee von Automattic-Mitarbeitern, die dem Chef von Lippen lesen und so wurde Wild gebloggt. Ein unbeteilerter Symbatisant Mullenweg liefert dazu den passenden Stoff: Pearson (bzw. sein Mitarbeiter wie er nun „gestand“) hatte großzügig WordPress-Code ins Theme kopiert. Eine Todsünde wie sie im Buche steht.

Chefentwickler Mark Jaquith erklärte zudem in seinem Blog detailreich und technisch wieso das Theme seiner Meinung nach ein Derivat von WordPress ist und somit GPL-lizenziert sein muss. Aber das reichte Matt Mullenweg noch nicht und lies Jaquith in den Kommentaren groß verkünden (Anm.: freie Übersetzung der Redaktion):

Thesis ist voller Sicherheitslücken, aber da ich dem Arsch nicht helfen werde, sage ich euch nicht wo sie sind: Pech gehabt!

Bisher hat sich Chris Pearson noch nicht zu Wort gemeldet. Seine letzte Ansage „Verklagt mich doch“ könnte nun brandgefährlich werden. Er hat zur Zeit zwei Optionen: Thesis unter GPL stellen oder das Risiko eines Rechtsstreits eingehen. Diesmal lässt Mullenweg nicht locker, wie bei den letzten Malen. Stellt das Popcorn kalt und das Bier in die Mikrowelle, Runde 3 kommt bestimmt…