Netzpolitischer Kongress der BayernSPD am 12. November in Nürnberg

Am Samstag, den 12. November, findet im Karl-Bröger-Zentrum in Nürnberg der erste netzpolitische Kongress der BayernSPD statt. Unter anderem geht es um E-Government, Datenschutz, Partizipation, Journalismus und Sicherheit. Ziel ist es „Vorschläge für eine Netzpolitik der BayernSPD zu entwickeln“.

Auch ich werde dabei sein und darf gemeinsam mit Dr. Heiko Tammena, seines Zeichens Referent für Öffentlichkeitsarbeit und politische Arbeit sowie ländliche Räume bei der Katholischen Landjugendbewegung Bayern (KLJB), über Partizipation im Internet sprechen. Vor allem werde ich über meine Erfahrungen mit „c-wie.de“ und „Das ist sozialdemokratisch!“ berichten und die daraus entstehenden politischen Handlungsempfehlungen einbringen. Außerdem darf man sich über eine Diskussion zum umstrittenen Thema Vorratsdatenspeicherung freuen.

Der Kongress beginnt um 10 Uhr und die Teilnahme ist kostenfrei. Anmelden kann man sich auf der neuen Netzpolitik-Seite der BayernSPD. Ich freue mich auf eine konstruktive Diskussion und Austausch!

Offener Brief: Vorratsdatenspeicherung ist der falsche Weg!

„Wir lehnen die grundsätzliche, verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetverbindungen ab. Diese ist mit den Grundwerten der Sozialdemokratie nicht vereinbar.“, so die Kernaussage eines offene Brief an Sigmar Gabriel zum Thema Vorratsdatenspeicherung, welchen 34 netzpolitisch Aktiven unterzeichnet haben.

Sehr geehrte Damen und Herren,
lieber Sigmar Gabriel,
liebe Genossinnen und Genossen,

die Vorratsdatenspeicherung, wie sie derzeit von verschiedenen Seiten gefordert wird, stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger dar.

Wir lehnen die grundsätzliche, verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung (euphemistisch auch Mindestdatenspeicherung genannt) von Telefon- und Internetverbindungen ab. Diese ist mit den Grundwerten der Sozialdemokratie nicht vereinbar. Die derzeitige Vorratsdatenspeicherung ist ein undifferenziertes und rechtlich unangemessenes Überwachungsinstrument, das die Grundrechte in unzumutbarer Art einschränkt und alle Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union unter Generalverdacht stellt.

Das Bundesverfassungsgericht hat zu Recht im März 2010 die bisherige Umsetzung für verfassungswidrig erklärt. Auch die EU-Kommission überdenkt mittlerweile ihre eigene Position zur Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie (2006/24/EG).

Zur Aufklärung von Straftaten, die über das Internet vollzogen werden, müssen alle vorhandenen rechtlichen Mittel ausgeschöpft werden und Ermittlungsbehörden ausreichend personell und technisch ausgestattet sein.

Erst dann können wir der Speicherung und den Abruf von IP-Adressen innerhalb einer Frist von wenigen Tagen und nur zum Zwecke der Strafverfolgung zustimmen. Wir sehen es weder für erforderlich noch als zielführend an, dass neben Telefon- und Internetverbindungsdaten auch Positionsdaten von Mobiltelefonen gespeichert werden. Dies schränkt die persönliche Freiheit jeder einzelnen Bürgerin und Bürgers massiv ein.

Der Zugriff auf die Daten muss klar und streng gesetzlich reglementiert sein. Neben einem zwingenden Richterbeschluss darf nur in konkreten Verdachtsfällen über schwerste Straftaten von Polizei und Staatsanwaltschaft auf die Daten zugegriffen werden. Der Zugriff muss für alle Betroffenen nach Abschluss der Ermittlung nachvollziehbar sein. Datenmissbrauch muss ein Riegel vorgeschoben und der Datenschutz muss gewahrt bleiben. Forderungen auf Zugriff auch in zivilrechtlichen Fällen, wie bei Verdachtsfällen von Urheberrechtsverletzungen, lehnen wir konsequent ab.

Berufsgeheimnisträger und bestimmte Berufsgruppen wie Journalisten oder Priester müssen auch künftig besonders geschützt werden: Ein Datenzugriff und die Verwertung darf dort unter keinen Umständen erfolgen.

Wir warnen davor, dass durch Forderungen nach einer umfassenden Vorratsdatenspeicherung die langwierige inhaltliche und vertrauensbildende Arbeit von Netzpolitikern in den Fraktionen und Basisgruppen der SPD zunichte gemacht wird. Des Weiteren weisen wir auf den Antrag des SPD-Bundesparteitags 2009 hin, der unter anderem die Stärkung des bürgerlichen Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung, ein Verbot der Weitergabe von Daten an staatliche Institutionen und die Abschaffung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung fordert.

Die Diskussion der letzten Tage hat gezeigt, dass die Debatte über die Vorratsdatenspeicherung innerhalb der SPD keinesfalls beendet wurde und die Vorratsdatenspeicherung von vielen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten abgelehnt wird. Auch die SPD in Baden-Württemberg und Bremen haben jeweils klare Absagen gegen die Vorratsdatenspeicherungen beschlossen. In Hessen wartet die dortige SPD-Fraktion seit Januar 2011 bis heute auf eine Antwort der schwarz-gelben Landesregierung, ob und in wie weit die Vorratsdaten überhaupt zur Strafaufklärung beigetragen haben (LT-Drs. 18/3655).

Wir alle sind aufgerufen, selbst nicht mehr mit alten, fehlerhaften Konzepten zu arbeiten, sondern neue, sozialdemokratische Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

  • Daniel Bär, Jusos Köln
  • Jens Best, Forum Netzpolitik Berlin, Mitglied des Gesprächskreises „Netzpolitik und digitale Gesellschaft“ beim SPD-Parteivorstand
  • Gerhard Boehmler, stellv. SPD-Kreisvorsitzender Tübingen, Beirat Netzpolitik SPD Baden-Württemberg
  • Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin, Forum Netzpolitik Berlin
  • Dr. Kai Dolgner MdL, Innenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein
  • Lennart Fey, Abgeordneter des Kreistages Herzogtum Lauenburg
  • Alvar Freude, Mitglied der Enquête-Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Bundestages
  • Nikolaus Gradl, Stadtrat und Fraktionsvorstandmitglied der SPD-München
  • Yannick Haan, Forum Netzpolitik Berlin
  • Rainer Hamann MdHB, Sprecher für Medienpolitik und Datenschutz der SPD-Bürgerschaftsfraktion Bremen
  • Andreas Helsper
  • Petra Kammerevert MdEP
  • Sven Kohlmeier MdA, Sprecher für Datenschutz und Informationsfreiheit der SPDFraktion im Berliner Abgeordnetenhaus
  • Nico Lumma
  • Jens Matheuszik, SPD Olfen
  • Dennis Morhardt, Forum „Demokratie und Partizipation im Internet“ der SPD Niedersachsen, freier Webentwickler
  • Jan Mönikes, Mitglied des Parteirates der SPD
  • Ute Pannen, Forum Netzpolitik Berlin, Mitglied des Gesprächskreises „Netzpolitik und digitale Gesellschaft“ beim SPD-Parteivorstand
  • Jan Petter, Jusos Göppingen
  • Mathias Richel, Mitglied des Gesprächskreises „Netzpolitik und digitale Gesellschaft“ beim SPD-Parteivorstand
  • Florian Ritter MdL, Datenschutzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Bayern
  • Maximilian Schmidt, Mitglied im Landesparteirat der SPD Niedersachsen
  • Jonathan Schorling, Vorsitzender der Jusos Niedersachsen
  • Michael Servos, Ratsherr der Stadt Aachen
  • Christian Soeder, Beirat Netzpolitik SPD Baden-Württemberg
  • Sven Thomsen, Sprecher AK Digitale Gesellschaft der SPD Schleswig-Holstein
  • Henning Tillmann, Mitglied des Gesprächskreises „Netzpolitik und digitale Gesellschaft“ beim SPD-Parteivorstand
  • Grant Hendrik Tonne MdL, Sprecher des Forums „Innere Sicherheit“ der SPD Niedersachsen
  • Petra Tursky-Hartmann, Vorsitzende des Virtuellen Ortsvereins (VOV) der SPD von 1997-1999 und 2002-2008
  • Jens Vogel, SPD Minden-Lübbecke, SocialMedia-Konzepter
  • Steffen Voß, Mitglied des AK Digitale Gesellschaft der SPD Schleswig-Holstein
  • Carsten Wawer, barracuda digitale agentur GmbH
  • Jonas Westphal, Forum Netzpolitik Berlin, Mitglied des Gesprächskreises „Netzpolitik und digitale Gesellschaft“ beim SPD-Parteivorstand
  • Markus Winkler, Projektleiter des Instituts für Kommunikation in sozialen Medien
  • Oliver Zeisberger, barracuda digitale agentur GmbH, Mitglied des Gesprächskreises „Netzpolitik und digitale Gesellschaft“ beim SPD-Parteivorstand

#JMStV und die Konsequenzen für die SPD

Die Novelle vom Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ist vom Tisch, weil die CDU in NRW taktisch der rot-grünen Minderheitsregierung eins auswischen wollte und überraschend bekannt gab dem JMStV nicht zuzustimmen zu wollen. Wir müssen uns, als Netzgemeinde und vor allem als Netzpolitiker innerhalb der SPD, klar machen, dass unser Einfluss zu minimal ist. Dies gilt es nun zu ändern!

Am Ende war es die CDU die den JMStV stoppte. Mit den schon angekündigten Ablehnungen von FDP und Linke wäre der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag am Donnerstag im Landtag von Nordrhein-Westfalen kaum durchgekommen. Erst nach der „CDU-Bombe“ gab es von SPD und Grüne die Meldung bei der Abstimmung den Vertrag kippen zu lassen, wobei es darauf auch nicht mehr angekommen wäre. Netzpolitisch stehen wir wieder einmal vor einem Scherbenhaufen, wohl möglich größer als nach dem Netzsperren-Gesetz.

Natürlich feiert nun die Netzgemeinde. Ob es gerechtfertigt ist bezweifele ich, denn nur Parteientatik hat uns gerettet. Die SPD, vor allem die Genossen an der Macht, haben nichts gelernt. Frau NRW-Medienministerin quasselt von „notwendigen Schund-Filtern“, Kurt Beck poltert im Süden schon. Der geistige Vater des JMStV kündigt schon mal vorsorglich „Sperrverfügungen“ an. Von den unsäglichen Personen des Kalibers Eumann oder Stadelmaier will ich erst gar nicht anfangen.

Für mich persönlich ist dies der bisherige Tiefpunkt der SPD in Sachen Netzpolitik. Die netzpolitsch versierten Parteifreunde mit Einfluss, z.B. Björn Böhing oder Lars Klingbeil, haben es immer noch nicht geschafft eine parteiinterne Lobby für Netzpolitik aufzubauen. Ich werde jetzt aber nicht aufgegeben, ich werde mir überlegen wie es die netzpolitische Basis der SPD (und an die glaube ich immer noch!) schafft diese Aufgabe zu übernehmen und den Becks, Eumanns, Stadelmaiers und Schwall-Dürens in den wortwörtlichen Arsch zu treten.

Dazu sei auch die Netzcommunity aufgerufen. Lasst uns den Laden in guter 68′-Tradition von innen endlich umkippen!

An dieser Stelle möchte ich trotzdem den Aktivisten danken. Vor allem seien Alvar Freude, Henning Tillmann und Daniel Bär erwähnt. Natürlich auch die über 11.000 Unterstützer auf jmstv-ablehnen.de. Vielen Dank für euren Einsatz!