Ach, Martin

Ach, Martin, im Januar 2017 erwachte die SPD plötzlich aus ihrem Sigmar’schen Schlaf und du wurdest Kanzlerkandidat.

Ach, Martin, war ich wieder elektrisiert. Schon 2009 war ich das. Endlich ein waschechter Europäer als Bundeskanzler.

Ach, Martin, konnte ich die Umfragewerte nicht glauben. Niemand konnte das. Aber sie waren da. Dieser Fünkchen Hoffnung nach jahrelangem Groko-Stillstand nach einer neuen, starken, selbstbewussten SPD. 100 Prozent ey! Wer interessiert sich schon fürs Saarland und Inhalte.

Ach, Martin, was ist los? Du wirkst müde. Ich bin müde. Mit jeder Niederlage wirst du angepasster. Nirgendwo anecken, allen es Recht machen. Vom Berliner Politbetrieb hast du dich glatt waschen lassen. Das Duell, das keins war. »Da stimme ich Frau Merkel zu.«

Ach, Martin, Scheißabend, Scheißergebnis. Aber da warst du wieder. Der Martin von Anfang des Jahres. Die Große Koalition ist endlich zu Ende, in der Elefantenrunde kantig wegeräumt. Nächstes Ziel Opposition, keine Regierung, Hashtag SPD erneuern.

Ach, Martin, dieser Artikel. Eine Offenbarung. Über Sigmar Gabriel, das Willy-Brandt-Haus, Berater und über dich. Dein Scheitern sich durchsetzen zu können, vielleicht aber jetzt?

Ach, Martin, nichts hat sich nach dem 24. September geändert. Auch nicht als die konservative Jamaika-Koalition scheiterte. Die 20,5 Prozent sind weiterhin 20,5 Prozent. Warum sondieren wir jetzt plötzlich? War der Wählerauftrag nicht Opposition? Nun gut, 81,9 Prozent und »ergebnisoffene Gespräche«.

Ach, Martin, was für ein schwaches Sondierungspapier. Was für eine schwache Rede. Was für ein schwacher Erneuerungsprozess. Was für ein schwacher Parteivorsitzender.

Ach, Martin, jetzt willst plötzlich Außenminister werden. Das schönste Amt nach Papst reichst du wie ein nasses, benutztes Handtuch einfach weiter. Aus »Erst Inhalte, dann Personal«, wurde »Rettet sich wer kann«.

Ach, Martin, jetzt doch nicht mehr. »Dass die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind«. Eine Personaldebatte startet. Und du bist weg.

Ach, Martin, was für ein Jahr.

2017

Ein Jahr ist wieder herum. Zeit für ein paar Pläne und Vorsätze.

  • Ein bisschen mehr Regelmäßigkeit ins Podcasten bekommen. Gerade der »anyca.st« leidet doch sehr drunter. Für die »bahnhelden« sind wieder ein paar Unterwegs-Folgen geplant. Energie ins Marketing stecken.
  • Mehr Feedback von den Hörer_innen einfordern. Dazu gehört es auch passende Tools für Produzierende und Hörende zu bauen.
  • Dieses Jahr wird der Bundestag neu gewählt. Ich muss dringend irgendwas mit Wahlkampf machen. 2013 war es spaßig der SPD-Kampagne im Digitalen zu zuarbeiten. Im Zweifel auch einfach wieder in die Fußgänger_innenzone stellen.
  • Vielleicht wird es auch nur ein Bundestagswahl-Podcast. Nicht in der Form wie ich es am Liebsten hätte, aber ggf. wäre auch eine abgespeckte Variante ganz spannend.
  • Altes ungelöstes Problem: Zeit- und Produktivmanagement. Ich habe wieder festgestellt, dass ich in meiner Wohnung absolut unproduktiv bin und ich eine büro-artige Umgebung brauche. Bevor es an weitere Projekte geht, braucht es einen Co-Working-Space oder ähnliches.
  • Im letzten Jahr war ich mehr oder weniger spontan in Lissabon (ein Reisebericht folgt noch). Dieses Jahr würde ich gerne mit Zug durch Dänemark, Schweden und ggf. sogar Norwegen. Aber nicht im Winter.
  • Das erste Mal einen Vortrag auf einem User-Group-Treffen halten. Und an einem Hackathon teilnehmen.
  • Mehr Postkarten verschicken.
  • Zu guter Letzt: Irgendwie durchhalten.

Kundendienst

Mein Bedürfnis mit dem Kundendienst eines Unternehmen zu kommunizieren geht gegen Null. Weder ich noch das Gegenüber haben Spaß daran. Aber manchmal muss ich dann doch leider. 4 Kurzgeschichten aus den letzten 2 Wochen.

Mein Konto bei der Braunschweigischen Sparkasse habe ich seit dem ich 15 bin. Ich kann sogar die IBAN auswendig. Vergangene Woche wollte ich Geld nach Österreich überweisen. SEPA sei Dank alles kein Problem. Nur wollte mich das Online-Bank nicht machen lassen. »Sie haben keine Freischaltung für SEPA-Überweisungen in dieses Land«. Super.

Anruf bei der Hotline. »Freischaltung kein Problem, Herr Morhardt. Formular kommt per Post, dauert 2 Wochen. Wenn es dringend ist müssen Sie an ein SB-Terminal. Ob das in Berlin geht weiß ich aber nicht.« Ich frage mich warum ich ein »GiroInternet«-Konto habe, wenn ich nicht alles online machen kann. Zwei Tage später wird mir postalisch mitgeteilt, dass mein Tarif eingestellt wird und ich zukünftig für jede Transaktion 5 Cent bezahlen muss. Spitze.

Ergebnis: 2 Euro Gebühr für die SB-Terminal-Nutzung, weil »Online-Konto«; Gekündigtes Girokonto.


Heutiger Donnerstag. Anruf einer leicht aufgeregten Frau B. von der Santander Bank. Meine Kreditkartenbank. Mein Nutzungsdauer sei abgelaufen und ein Beratungsgespräch ist vorgeschrieben. Sei so von den Verbraucherzentralen so gefordert. Alles nicht weiter schlimm versichert sie mir. Ich sagte verwirrt zu, nächste Woche Montag um 9:30 vorbei zukommen. Klasse.

20 Minuten später wieder Frau B. von der Santander Bank am Telefon. Sie hätte meinen Schufa-Eintrag sich genauer angeschaut. Sie könne doch nun kein Beratungsgespräch mit mir machen. »Vielleicht in einem halben Jahr, Herr Morhardt. Schönen Tag noch!«. Und aufgelegt. Hammer.

Ergebnis: Zum Glück keins.


Ostermontag, ich möchte meine Mutter zum Berliner Ostbahnhof bringen. Sie war zu Besuch. Ich hatte noch einen Überzahlungsgutschein. Ein Euro, zehn Cent. Auf einer Regionalbahnfahrt bekommen, da Automat kaputt und Schaffner bargeldlos. Ins Reisezentrum, Nummer gezogen, nach 10 Minuten dran. Ich übergebe das Zettelchen. Muss ein Formular ausfüllen. »Sie haben die IBAN vergessen!«. Das Geld wird überwiesen. Prima.

Die Dame am Schalter bespricht sich mit ihrer Kollegin. 5 Minuten später stehen drei Bundespolizisten vor mir. Vorwurf der Schalterfrau: Betrug. Es wurden vor 2 Jahren Papierrollen geklaut. Und die Nummer ist nicht im System. Und überhaupt: Auf dem Überzahlungsgutschein fehlt der silberne Streifen. Nach dem im Hinterraum der Fall besprochen wurde und ich der netten Bundespolizisten erklärte was ein Überzahlungsgutschein überhaupt sei, darf ich auf die Wache mit. Abgeführt im vollen Reisezentrum. Toll.

Nach dem auf der Dienststelle insgesamt 5 Beamte den Überzahlungsgutschein einer gründlichen Begutachtung unterworfen haben darf ich gehen. Keine Anzeige, Vorwurf haltlos. Ich schreibe Twitter voll, schreibe und telefoniere mit dem »zentralen Kundendialog«.

Ergebnis: Eine schriftliche Entschuldigung; 2 Genuss-Gutscheine im Wert von je 5 Euro.


Ich habe mich von der Werbung überrumpeln lassen und habe eine Abonnement für das Bezahlfernsehen »sky« abgeschlossen. Die ultrahässliche Set-Up-Box angeschlossen und musste doch erstmal ins Schwarze gucken. Nach 2 Minuten war die Anweisung erschienen doch bitte beim Kundendienst anzurufen. Für nur 20 Cent aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunk abweichend. Gesagt getan. »Wollen Sie wirklich das Abo aktivieren?« Doch schon. Fünf Minuten später war das Bild da. Yeah.

Jetzt noch schnell bei TeleColumbus anrufen und mein HD-Paket von meiner alten Smartcard auf die neue sky-Karte umbuchen lassen. »Kein Problem. Wird die Technikabteilung morgen erledigen!«. Das war Samstag. Sonntag auf beiden Karten schwarz. Dienstag weiterhin. Angerufen. Verwirrte Kundenberaterin flucht über die Technikabteilung. Verspricht sich zu kümmern. Soll am Donnerstag anrufen. In zwischen kam eine Auftragsbestätigung. Habe jetzt zweimal das HD-Paket. Phenomenal.

Wieder angerufen. Wieder alles erklärt. Wieder die Kundennummer mit den sechs Fünfen am Anfang durchgesagt, die ich bereits dem Sprachcomputer genannt habe. »Ja, ist heute alles erledigt. Sagen Sie mir besser nicht was im Brief steht. Die Kollegen halt. Sie zahlen natürlich nur das eine Paket.« Das hochauflösende Bild ist da. Endlich.

Ergebnis: Auftragsbestätigung für die Papiertonne; 3 Euro Kulanz auf die nächste Rechnung.


Genug Kundendienst für die nächsten Monate. Bitte.